MANIFEST DES UNENDLICHEN KLANGRAUMES – Vorrede zu Philosophy-In-Concert Exercise 1b – SKOP 12.Dezember 2015

PHILOSOPHY-IN-CONCERT Exercise 1b auf dem SKOP-Festival 12.Dezember 2015

VORREDE

Die Zeit ist noch nicht lang her,
da brauchte man zur Klangerzeugung konkrete Geräte, Instrumente,
die physikalisch Klang erzeugen,
dazu einen Spieler, der es kann,
bei komplexen Klangereignissen  viele Spieler,
zusätzlichen einen Klangmanager, den Dirigenten,
und sehr viel Geld, um ein Orchester finanzieren zu können.
Das konnten sich nur ganz wenige leisten.

Dann kamen die Maschinen des Klangs,
dann kam die Software, die mathematisch Klänge benennen konnte, die noch nie zuvor ein Mensch gehört hatte,
Klänge in einer Komplexität, die zuvor unvorstellbar waren,
zu einem Preis, der jedem Interessierten ein Orchester schenkte,
auch zwei, auch drei, oder mehr

So, wie die Menschen entdecken mussten, dass das physikalische Universum nicht nur unendlich groß erscheint, sondern sich real in jedem Moment mit großer Geschwindigkeit weiter ausdehnt,
so müssen wir heute feststellen, dass das heute dem Menschen zugängliche Universum des Klangs sich ebenfalls durch die neuen Klangmaschinen in einem Umfang ausgedehnt hat, der das Begreifen unserer 100 Milliarden Gehirnzellen real übersteigt.

Die bekannten Klangstrukturen der Vergangenheit, der Kulturen,
so vielfältig,
so bunt sie erscheinen mögen,
verglichen mit der neuen Unendlichkeit wirken sie wie verlorenen Farbtupfer in der schwarzen Unendlichkeit eines möglichen Raumes,
der sich in jedem Moment für jeden einzelnen
schlagartig in ein Inferno von Klängen verwandeln kann,
in einen Sturm, Orkan, in ein Säuseln, Wispern, Hauchen,
Klänge, die wir nie zuvor gehört haben,
oder auch Vertrautes, Altbekanntes, das wir gerne nochmal hören wollen,
weil es unser Herz wärmt.
Eine Melodie, die durch die Luft daherkommt, umfassend, intensiv, durch das Ohr in unser Gehirn eindringt und unser Gefühl zum Platzen bringt.

Das ist die neue Klangrevolution,
in der das Alte nicht verschwindet,
aber in seiner Bedeutung neu definiert werden muss.
Wir befinden uns am Beginn der Ära eines neuen Klangrausches,
in einer Zeit der neuen Klangpioniere,
der neuen Raumfahrer des Klangs, Klangastronauten,
neugierige, wagemutige, verrückte und doch auch coole Typen, die auf den Schwingen von Klangmaschinen in die unbekannten Unendlichkeiten des Klanguniversums reisen ohne zu wissen, was ihnen begegnen wird, ohne zu wissen, ob sie jemals wieder die vertrauten Klänge der Vergangenheit hören können wie früher.

Wahrscheinlich nicht.
Diese Klangreisen in die neue Unendlichkeit, sie verändern jeden Klangreisenden nachhaltig.
Wer jemals das Neue gekostet hat, das Neue berührt und gespürt hat, der wird selbst anders;
sein Klanggedächtnis, sein Klangfühlen unterläuft eine Metamorphose nach der anderen, und was immer er hört – er hört es als Veränderter, als Bürger eines neuen Klanguniversums,
dessen Gesetze noch kaum jemand kennt,
dessen Schönheit explosiv zwischen allem lauert,
auf Entdecktwerden wartet.

Wir schreiben das Jahr 2015,
es ist nicht mehr der Anfang des Anfangs,
und doch  ist es noch sehr viel Anfang,

denn die große Mehrheit der Menschen weiß noch nicht , dass es angefangen hat ….

THEORIE-SPEZIFIKATION

Kontext von Philosophy-In-Concert sowie Anforderungen für die ersten Aufführungen
Kontext von Philosophy-In-Concert sowie Anforderungen für die ersten Aufführungen

ABSICHT 18.Sept.2015

In der ersten Sitzung zur Vorbereitung der ersten Aufführung am 1.Dezember 2015 wurde zunächst der Kontext des Projektes geklärt und dann wurden erste Anforderungen für die erste Aufführung formuliert. Die Idee ist, dass wir als Künstler die Vision von Philosophy-In-Concert schrittweise, experimentell entwickeln.

KONTEXT

Die Unternehmung Philosophy-In-Concert sieht sich als die künstlerische Seite zum Emerging-Mind Projekt des INM (Frankfurt). Dort geht es um die grundsätzliche Auseinandersetzung zur Zukunft des Verhältnisses von Mensch und (intelligenter) Maschine in den Bereichen Philosophie-Wissenschaft, Softwarebeispiele sowie Kunst. Philosophy-In-Concert ist genau eine Ausprägung dieser künstlerischen Auseinandersetzung mit dem Thema.

Das Emerging-Mind Projekt wiederum gehört in den größeren Kontext der Emerging-Life Akademie, ebenfalls ein Projekt des INM (Frankfurt). In der Akademie zum Thema ‚emergentes Leben‘ werden die Phänomene Mensch/ Menschheit, Gesellschaft und Technologie im Kontext des Naturprozesses analysiert und diskutiert. Das Thema Mensch – (Intelligente) Maschine ist in diesem größeren Kontext ein Spezialthema, wenngleich vielleicht ein sehr zentrales.

Schließlich ist auch noch der Blog ‚Philosophie Jetzt‘ zu nennen. Alle die zuvor genannten Projekte sind aus Diskussionen in und um diesen Blog hervorgegangen. Auch finden auf diesem Blog weiterhin wichtige Diskussionen statt.

ERSTE ANFORDERUNGEN

Die beteiligten Künstler sind sich einig, dass Sie das Projekt Philosophy-In-Concert als einen experimentellen Prozess sehen, innerhalb dessen sie ihr Verständnis von ‚Open-Space Music‘ einbringen und schrittweise entwickeln möchten. Es gibt viele Vorgehensweisen, wie man dies tun kann; die Künstler werden ganz frei von unterschiedlichen Vorgehensweisen Gebrauch machen. Die Künstler verstehen sich zudem bewusst als ‚Menschen‘ im Gegenüber zu ‚(intelligenten) Maschinen‘, die in das Geschehen einbezogen werden sollen. Ferner sind sie sich der durchgängigen Dualität von Ereignis extern zu einem Menschen und intern im Menschen bewusst. Das gleiche externe Ereignis kann ganz unterschiedliche interne Ereignisse in einem Menschen bewirken. Der Start soll so puristisch wie möglich sein: neben Klang sollen nur Texte benutzt werden, sowohl gesprochen wie visuell lesbar. Ferner soll der ‚Live‘-Charakter so groß wie möglich sein. Mögliche Wiederholungen einer Aufführung sollten, falls überhaupt, so zeitnah wie möglich stattfinden, da ansonsten der Entwicklungsprozess bis zu einer weiteren Aufführung schon zu weit vorangeschritten sein kann. Alle Aufführungn sollen zumindest als Klangereignis aufgezeichnet werden.