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Logbuch vor Hamburg – 2

cagentArtist
info@philosophy-in-concert.org

 

… Du hast 100.000 Möglichkeiten,  und musst Dich dann für eine entscheiden. Huuh. Unser ‚Eines‘ sieht dann so aus, wie auf der Skizze zu sehen ist.

 

 

Aber auch die Skizze lässt wieder viele tausend Varianten zu … Wie interpretieren wir die einzelnen Begriffe? Wie führen wir sie aus? Wie machen die Zuschauer mit? … ein offener Prozess. Spannend bis zum Schluß.

Wir freuen uns darauf 🙂

Bis dann,

in Hamburg.

Logbuch vor Hamburg

cagentArtist
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ERINNERUNGS-BITS

Den Blick neu ausgerichtet auf Hamburg hängen noch viele Erinnerungsfetzen im Kopf. Das kann gut sein, das kann schlecht sein. Sie sind da. Wie diese sich auswirken werden, muss man sehen. Hier einige der Stichworte:

Mensch und Maschine

Ja, wir sehen als übergeordnetes Thema die Zukunft des Menschen angesichts digitaler Maschinen. Dass es die intelligenten Technologien geben wird ist eine direkte Folge des evolutionären Prozesses, in sich mit einem großen Potential, sagt man. Uns interessiert, wie man es für musikalische Interaktionen ausnutzen kann.

Staunen, Risiko

Mehr denn je ist der Klangraum jetzt unendlich.
Ihn zu betreten gleicht einer Reise ins Unbekannte.
Das Alte verschwindet deswegen nicht notwendigerweise, aber es bekommt neue Kontexte.

Die neuen Technologien sprengen viele vertraute Voraussetzungen.
Am Anfang ist das Staunen
Philosophische Poesie – eine poetische Philosophie

… eine Botschaft zu leben, die dem entspricht, wie das Leben auf dem Planeten Erde seit 4 Milliarden Jahren seine Existenz, seinen Weg sucht: morgen ist alles anders als heute! Keiner weiß wirklich wie es morgen sein wird. Die einzige Chance einer Zukunft für das Leben ist, das Heute weg zuwerfen und auf immer wieder neuen Wegen das Neue zu suchen. Das Neue ist ein Ganzes, dessen Ausmaß und Gestalt das individuelle Begreifen übersteigt.

Echtzeitexperiment zwischen Wort-angereichertem-Klangfeld in Interaktion mit dem Hörer.

Technologie als Interface zum Klang

Jede Technologie, die zum Interface wird, ist nicht nur Möglichkeit, sondern auch Grenze, schlimmstenfalls eine Art Gefängnis. die möglichen Klänge sind auch die einzigen Klänge. Man kommt aus dem Interface-Raum nicht mehr heraus. Man kann sich darin austoben. Die Frage ist nur, wie wirkt dies auf die potentiellen Hörer?

Aber die klassischen Instrumente, die klassischen Orchester waren auch nur Schnittstellen, ein Interface zu möglichen Klängen; sie schufen scharfe Grenzen. Wer es mag, fühlt sich wohl, aber Grenzen waren da.

Wir interessieren uns für solche Klangräume, die nur in der Symbiose von neuer Technologie und Mensch möglich sind.

Worte, Texte

Klang als solcher hat keine direkte Beziehung zu Texten oder durch Texte induzierte Bedeutungen. Diese Beziehung kommt indirekt durch Hörer ins Spiel: jeder Hörer hat aufgrund der Sprachen, die er gelernt hat, nicht nur bestimmte Klänge, die sich mit seinem Sprechen verbinden, sondern darüber hinaus auch bestimmte Bedeutungen, die sich in seinem Kopf automatisch aktivieren, wenn er selber spricht oder gesprochene Sprache hört. Aktivierte sprachliche Bedeutung im Kontext gesprochener Sprache interagiert dann mit gehörten Klängen.

Die Grundsatzentscheidung liegt also schon im Vorfeld: (i) gesprochene Sprache und Klang ohne visuellen Elemente oder (ii) gesprochene Sprache mit visuellen Elementen; visuell nochmals unterschieden nach statischen Einzelbildern oder bewegten Bildfolgen. Hier nochmals unterscheidbar nach live gespielt (Theater) oder elektronisch aufgezeichnet (Video, Film). Vom einfachen Lied zum komplexen situierten Spiel (Theater, Oper…) gibt es viele Varianten.

Die Frage bleibt: was will man erreichen? Will man mittels der Sprache und der induzierten Bedeutung primär nur informieren (aufklären) oder will man über die Information hinaus auch unterhalten bzw. emotional engagieren?

Wahres Neues

Wahre Kunst braucht einen minimalen Grad an Originalität, Kreativität, Innovation, um dem Andruck der Zukunft Raum zu geben. Dies geht normalerweise nicht ohne ein Minimum an Nicht-Gefälligkeit einher, ein Minimum an Reibung und Aufwand von Neuem. … was aber ist ’neu‘ bei so vielen Unterschieden in den Menschen?

Mit der Digitalisierung der Gesellschaft durch neue Technologien verwandelt sich das alltägliche Leben immer mehr in digitalisierte Repräsentationen, in Digitalisate.
Im Digitalisat braucht das Gehirn keine Rücksicht zu nehmen auf die Endlichkeiten seines biologischen Körpers: keine Müdigkeit, kein Hunger, kein Altern, keine Ängste, keine unvorhersehbaren Gefahren, kein …. die unendliche Fülle der körperbasierten Gefahren ist ausgeblendet … Dies kann neue Gefühle von Allmacht erleichtern. Ein Traum ohne Ende ….

Die vernetzte Maschine wird zur potentiellen Erweiterung des Körpers, zur Erweiterung des Gehirns, zur Erweiterung des Bewusstseins. Der eigene Körper dehnt sich aus … neue Formen von Begegnung und Gemeinsamkeit.

In den Digitalisaten vervielfältigt sich das Leben Millionenfach, Milliardenfach.

Das biologische Leben ist das künstlerische Urereignis par excellence, das Schaffen von Neuem, nicht die Eitelkeiten einzelner Kunstfertiger, nicht die Willkür von Kunstmärkten …

BLICK NACH VORNE

Im Titel ‚Digitale Unsterblichkeit‘ klingt das Thema einer Überwindung der Sterblichkeit an, eine Überwindung des Todes … Das Digitale erscheint der Verwesung entrückt, fern dem biologischen Zerfall.

Doch leider altern auch Rechner, Platinen verrotten, Datenträger werden unlesbar, Programmiersprachen sterben aus, Betriebssysteme verändern sich,  Feuer und Wasser können zerstören, Bombenanschläge,  Erdbeben, Kriege bieten weitere Risiken; eine Firma geht pleite, der Staat zerfällt … der Strom versiegt … das Digitale lebt noch nicht im Elysium, ist noch nicht direkt im Paradies angesiedelt.

… und doch sind viele Menschen fasziniert … und übersehen möglicherweise, dass Krankheiten, Altern, Sterben nur möglich sind, weil das Gesamtsystem nicht vollständig deterministisch ist.

Wenn man Krankheiten und Tod von vornherein ausschließen wollte, dann müsste man den ‚idealen Zustand‘ kennen und sämtliche Prozesse genau darauf hin optimieren, zwangsweise, damit nichts schief geht.

Woher soll das gesamte Universum ‚aus sich heraus‘ aber die idealen Zustände für alle Lebensformen kennen? Befindet sich doch das gesamte Universum in Bewegung, findet das Universum als ein Prozess statt, der aus sich immer neue Strukturen heraus setzt, die bei ihrer aktuellen Entstehung keinen vollständigen Plan haben, wo das ganze wie enden soll.

Wenn eine biologische Zelle, der universale Grundbaustein allen biologischen Lebens, sich vermehrt, weiß sie von der zukünftigen Welt nur das, was bislang funktioniert hat; sie weiß aber niemals, was auf sie zukommen wird.  Aus diesem Grund passiert bei ihrer Neuwerdung ein interessantes Schauspiel: sie nutzt die positiven Erfahrungen der Vergangenheit und zugleich lässt sie Variationen zu, neue Kombinationen, von denen sie nicht weiß, ob sie sich positiv oder negativ auswirken.

Leben ist in seiner Wurzel nie nur Erinnerung des Alten, sondern immer bis zu einem gewissen Grad auch eine Wette auf eine unbekannte Zukunft. Man kann diese Möglichkeit des Neuen gegenüber dem bekannten ‚Zufall‘ nennen, weil man keine Regel erkennen kann; man kann es aber euch eine Grundform von ‚Freiheit‘ nennen: das, was kommen wird, ist NICHT vollständig determiniert. Echte Freiheit wirkt von außen als ‚Zufall‘, weil man keine Regel erkennen kann.

Und, ein ganz anderer Aspekt, wir schauen immer sofort auf den einzelnen, das Individuum. Im biologischen Leben geht es aber niemals nur um Individuen, sondern um Populationen. Jeder einzelne existiert nur, weil es vor ihm andere einzelne und viele Populationen gab und gibt, die sein Leben ermöglichen. Was durch alle Zeiten hindurch lebt, überlebt, das ist das Zusammenspiel der vielen Einzelnen in einer Lebensgemeinschaft, die auch dann weiterlebt, wenn viele einzelne sterben. Ohne die einzelnen ist die Gemeinschaft nichts, aber ohne die Gemeinschaft kann das Leben nicht überleben. Es ist die gemeinsame Erfahrung aller, die sich im Spiel hält und — hoffentlich — immer wieder neu bewährt und weiter entwickelt.

Betrachten wir die digitale Unsterblichkeit also mal aus dieser Perspektive: das Wechselspiel von Gemeinschaft und Individuum, umrahmt, eingebettet von neuen digitalen Technologien. Kann dies zu einer fruchtbaren Symbiose führen? Kann dies mehr Leben ermöglichen oder hebt sich das Leben hier irgendwann selbst auf?

Demnächst: musikalische Simulationen von Leben…