XEROX EXOTIQUE #090 – Impressionen

Letzte Änderung: 11.Juni 2024

Autor: Gerd Doeben-Henisch

Email: info@philosophy-in-concert.org

KONTEXT

Durch einen Hinweis von Tobias (PiC, Xerox Exotique, …) machte ich gestern einen Ausflug zum Klangkunst-Ereignis #090, organisiert von Xerox Exotique im Mousonturm Frankfurt am Main.

IMPRESSIONEN

SKIZZE :Mousonturm, kleiner Veranstaltungsbereich rechts vom Eingang mit kleiner Bühne. Einige Akteure hervorgehoben. Ausführlicher Infos zur Veranstaltung findet man auf der Seite von XEROX EXOTIQUE (xeroxex.de)

Worüber Reden?

Eine Klangkunstveranstaltung wie diese bietet zahlreiche Anknüpfungspunkte worüber man reden könnte …

Mich treibt seit Beginn von Philosophy in Concert (PiC) die Frage um, wie man Klangräume in der Lebenswelt von Menschen so verorten kann, dass sie nicht wie ‚Fremdkörper‘ wirken, irgendwie ‚losgelöst‘ vom Prozess des Menschen auf diesem Planeten, sondern als ein ‚lebendiger Teil‘ genau dieses real-dynamischen Prozesses sichtbar werden.

Bei Konzerten, die auf geschriebener Musik beruhen (Noten …), dreht sich alles um die Symbolmengen, die jemand produziert hat, die andere in Klänge umsetzen, und vielleicht noch um den, der das ‚Amt des Interpreten‘ innehat und anderen Umsetzern sagt, wie sie umsetzen sollen. Das ‚typisch Menschliche‘ erkennt man dann vielleicht im ‚Hintergrund des Aufschreibens‘, in der Art und Weise des ‚Umsetzens‘ oder des ‚Intepretierens‘, ja und dann die Wirkung der Klangwolke im Raum auf die Menschen, die da sitzen, hören und in sich verschiedene Emotionen verspüren …

Wie viel vom Prozess des Menschlichen zeigt sich in solch einer Ereignisform?

Gesprochen wird dabei fast nie, und wenn schon, worüber will man sprechen? Über die eigenen Gefühle? Über technische Finessen des Geschriebenen? Über die Kunstfertigkeit der Umsetzer? Über die Schönheit einer Stimme? Ja, es ist nicht ganz einfach das Klangraumereignis in den Lebensprozess hinein zu holen. … und doch, es wirkt irgendwie, man erinnert sich, erzählt später, schwärmt vielleicht oder schimpft ….

Der verborgene Mensch

Wechseln wir kurz den Kontext und stürzen uns direkt in die aktuelle weltweite Euphorie vieler Menchen über die neuen Chatbots, die immer mehr Menschen im Alltag faszinieren, Produkte der ‚generativen Künstlichen Intelligenz‘ (chatGPT & Co).

Die Algorithmen hinter der Oberfläche sind vergleichsweise einfach (obgleich der weltweite Einsatz eine beeindruckende Ingenieruleistung zu verdanken ist). Das, was die Menschen vor der Oberfläche fasziniert, ist ‚wie menschliche die Algorithmen sich im Interface zeigen‘. Sie benutzen die Alltagssprache so, wie ‚wir Menschen‘, letztlich sogar besser als die meisten, die davor sitzen. Und — fast unwiderstehlich — sehen viele aufgrund dieser Sprache und dem abrufbaren Wissen ‚hinter der Oberfläche‘ nicht eine simple Maschine sondern etwas ‚Hochgeistiges Menschliches‘. Das, was an diesem Auftritt ‚menschlich‘ ist, das sind allerdings die Worte, Sätze und Texte, die der einfache Algorithmus aus Millionen von Dokumenten zusammen getragen hat, die alle von Menschen stammen. Aus sich heraus kann dieser Algorithmus nicht einen einzigen Satz generieren! Dazu fehlen elementare Voraussetzungen. Das ‚tatsächliche‘ Wunder sitzt vor dem ‚vermeintlichen‘ Wunder: es sind wir Menschen, die wir etwas haben, sind und repräsentieren, was uns selbst kaum noch bewusst ist (wir sind ‚blind durch uns selbst‘), und geraten ins Staunen, wenn simple Algorithmen uns das zeigen, was wir sind … letztlich wie ein Spiegel der Menschheit, aber die meisten merken es nicht; wir begeistern uns für simple Algorithmen und vergessen dabei, dass wir selbst genau dieses Wunder sind, das dies alles hervorgebracht hat, weiter hervorbringt …. erblinden gegenmüber dem realen Wunder, das wir selbst sind, jeder von uns, alle zusammen.

Kollektive Intelligenz – Kollektiver ‚Geist‘ …

Im Fall der Algorithmen spricht man seit langem von ‚künstlicher Intelligenz (KI)‘, andere. moderat von ‚maschinellem Lernen (ML)‘. Nun ist der Begriff der Intelligenz bislang noch nicht wirklich normiert, wenngleich die Psychologie für den Menschen seit ca. 120 Jahren interessante Konzepte von ‚Intelligenz‘ (z.B. den ‚Intelligenzquotienten (IQ)‘) entwickelt und experimentell erforscht hat. Die Kommunikation zwischen Psychologie und Informatik war aber nie sehr systematisch; eher macht jeder ’sein Ding‘. Wie man nun das Verhältnis zwischen ‚menschlicher Intelligenz (MI)‘ und ‚künstlicher Intelligenz (KI)‘ genauer bestimmen soll, ist daher bislang eher schwierig; die Begriffe sind zu vage, nicht normiert. Erschwerend komtm hinzu, dass die ‚eigentlich beein druckenden Leistungen‘ von Menschen nicht seine ‚individuellen Leistungen‘ sind (obgleich diese wichtig sind), sondern all das, was ‚viele Menschen zusammen über lange Zeit‘ zustande gebracht haben bzw. bringen. Der Ausdruck ‚Kollektive Menschliche Intelligenz (KMI)‚ geht in diese Richtung, ist aber vermutlich zu eng, da es ja nicht nur um ‚Verstand‘ geht, sondern genauso viel auch um ‚Kommunikation‘, um ‚Emotionen‘ und ‚Ziele‘. Leider hinkt die Forschung bei dem Thema der Kollektiven Menschlichen Intelligenz bislang weit hinterher. Die Fixierung auf den einzelnen sitzt tief, und dann in Zeiten der künstlichen Intelligenz, wo einzelne Maschinen partiell erstaunliche Leistungen (unter Voraussetzung der kollekteiven Leistungen von Menschen!) erbringen, ist selbst die Erforschung der individuellen menschlichen Intelligenz in den Schatten der Aufmerksamkeit geraten.

Wie kommen wir aus dieser Sackgasse wieder heraus?

Klangkunst als Fallbeispiel?

Ich war viele Jahre nicht mehr bei einem Klangkunstkonzert gewesen. Aber es gab noch Erinnerungen, verschiedene Aspekte wirbelten durch meinen Kopf.

Der Hinweis von Tobias katapultierte mich aus meinen gewohnten alltäglichen Bahnen hinaus in genau so ein Klangkunstereignis im Mousonturm am 11.Juni 2024, 20:00h.

Wie gesagt, über vieles kann man hier reden. Mir sitzt seit langem diese Frage nach der Dimension des ‚Kollektiven‘ im Miteinander der Menschen im Nacken. Die ‚Gleichschaltung‘ von Menschen durch Algorithmen ist ja nichts Ungewöhnliches. In gewisser Weise wurden wir Menschen durch die herrschenden ‚Erzählungen‘ immer schon ’normiert‘, ‚ausgerichtet‘, und die rasante Ausbreitung moderner ‚Narrative‘ und die Schnelligkeit, mit der Millionen von Menschen sich weltweit einem Narrativ anschließen, ist Fakt. Die meisten Menschen (trotz Studium) sind offensichtlich beim Auftreten von ‚Narrativen‘ erst mal wehrlos, und dann sehr bald so stark ‚eingelocket (locked-in Syndrom)‘, dass sie wie Marionetten die Narrative reproduzieren.

Welche Rolle kann vor solch einem Hintergrund ‚Klangkunst (sound art)‘ spielen? Klangkunst, bei der es nichts ‚Geschriebenes‘ gibt, keinen ‚zentralen Interpreten‘, keine ‚Umsetzer von Geschriebenem‘, sondern, ja, was?

An diesem Abend erschien mir die erste Formation ‚Art Ensemble Neurotica‘ die tiefliegenden Besonderheiten von Klangkunst am breitesten zu verdeutlichen. Bei den beiden Ein-Person Acts, bei denen der einzelne Akteur mit Sound interagierte, den er selbst produziert hat, war die besondere Dimension von Klangkunst nach meinem Eindruck zwar auch da, aber aufgrund des Arrangements eher verdeckter.

Im Fall von Neurotica: Vier Menchen generierten Sound, live, jeweils individuell: Dirk Hülstrunk (narrator) – Michael Junck (digital devices) – Johannes Aeppli (percussion) – Guido Braun (strings & conductor). Jeder Mensch auf der Bühne war als ‚Verursacher‘, ausgestattet mit Instrumenten, die allerlei Soundeffekte erlaubten. Geschriebene Noten gab es nicht; eine wirkliche Probe vorher hatte es nicht gegeben, aber einige Absprachen (Aussage Guido).

Wer weiß, wie vielfältig jeder einzelne unter diesen Bedingungen Klang erzeugen kann, der kann ahnen, dass dieser schier unendliche Raum eine Spannung aufkeimen lassen kann, was denn nun passieren wird?

Die Gesamtheit des Klangs zu beschreiben, die dann 45 Min lang von den Vieren da vorne ausging, ist kaum im Detail zu beschreiben. In keiner Phase hatte man den Eindruck (habe mich direkt danach mit Roland (In der Skizze falsch als Robert) neben mir ausgetauscht (wir kannten uns nicht, war Zufall, dass wir nebeneinander saßen), wir hatten weitgehend ähnliche Eindrücke), dass eine Soundquelle die andere irgendwie übertönt, gar überwältigt; alles wirkte nebeneinander und ineinander in einer irgendwie ‚passenden Form‘, ansprechend, anregend. Man konnte Muster/ Pattern aller vier einzelnen Quellen in einem Miteinander erkennen, auch über längere Phasen, die dennoch schmiegsam waren, ihre Gestalt veränderten. Effekte wie Laut-Leise, Echo, Hall, Verzerrung usw. wirkten nicht als Fremdkörper, sondern wirkten ‚harmonisch‘ … verliehen den einzelnen Quellen einen ‚Charakter‘, der mit den anderen Charakteren einen Gesamteindruck ergab …

Kann man solch ein Arrangement von Klängen ‚rein abstrakt‘ nehmen, losgelöst von ihren Erzeugern? Könnte eine Software ein solches komplexes Klangereingis erzeugen?

Während der Zuhörer zunächst ja nur den erzeugten Klang hört und von dieser Perspektive aus vielleicht nicht sofort entscheiden kann, ob es egal wäre, wer wie diesen Klang erzeugt, so wird aber aus der Perspektive der Erzeugung schnell klar, dass man diese Klänge nicht isoliert sehen kann vom Erzeuger, von den ‚inneren Zuständen‘ des Erzeugers. Letztlich entsteht der Klang im Augenblick, im Ineinadner von ganz vielen Momenten im Innern des einzelnen Akteurs (Menschen), und dieser ist nicht ‚alleine‘, sondern über seine Wahrnehnmung und über viele gemeinsam durchlaufene Klangprozesse verfügt jeder über ein ‚Klangwissen‘, das er mit anderen mehr oder weniger ‚in seinem Innern teilt‘, und von daher kann jeder seine aktuellen inneren Zustände mit diesem ‚gemeinsamen Klangwissen‘ in einen ‚Dialog‘ bringen, und es ist genau dieser innere Dialog (weitgehend unbewusst), der Ansatzpunkte für komplexe Synchronisatsionen bietet, über die ein einzelner alleine, ohne eine gemeinsame Klangeschichte, nicht verfügen könnte. Die entstehenden Komplex-Klänge sind daher nicht einfach nur ‚Sound‘, sondern sie sind eher Manifestationen von inneren Strukturen und Prozessen der Erzeuger, die als ‚Bedeutung‘ intern mit dem äußeren Klang verbunden sind: Klangkunst-Klang ist daher nicht einfach nur Sound, den man hört, er ist vielmehr im vollen Sinne auch eine Art ‚Mitteilung‘ von ‚inneren menschlichen Zustände‘, zudem noch über verschiedenen mitagierenden Menschen verteilt, also ein wahres kollektives Ereignis, das den einzelnen voraussetzt, aber im Geschehen über den Einzelnen weit hinausgeht. In dieser Form von verteilter Klangkunst kann der einzelne sich als ein ‚WIR‘ erleben, das ansonsten unsichtbar wäre.

Postskript

Also, ich habe jetzt das seltsame Gefühl, dass mich die Teilnahme an diesem Klangkunstereignis ein Stück tiefer hinein geführt hat in das große Geheimnis von uns Menschen, wer wir sind, dass wir eine besondere Dimension unsres Daseins in unserer Fähigkeit zum ‚Kollektiven Fühlen, Denken und Handeln‘ haben, die uns ansatzweise aus dem ‚Einzelsein‘ befreit hin zu einem ganz besonderen ‚Wir‘.

Während ein Klangraum ‚authentisch‘ ist, als solcher nicht ‚hintergehbar‘, sind ’narrative Räume‘ — also die Benutzugn von Sprache mit einer unterstellten, aber nicht leicht kontrollierbaren potentiellen Bedeutung — äußerst ‚gefährliche‘ Räume: unterstellte Bedeutungen können falsch sein und — wie wir heute im globalen Maßstab erleben können — sind überwiegend falsch mit entsprechend verheerenden Folgen. Das sich Bewegen in verteilten Klangräumen hat seine ‚Bedeutung‘ ‚in sich selbst‘; das ‚Selbst im Klang miteinander‘ ist nicht hintergehbar; es ist gnadenlos direkt. Vielleicht brauchen wir mehr davon …

WALKING in the WILD (WitW)

Letzte Änderung: 5.Febr 2024

Jeden Tage erscheinen viele, viele Tausend neue Songs/ Sounds …

Und es gibt schon viele Millionen.

Macht es da noch Sinn, irgendeinen neuen Sound zu versuchen?

Mathematisch allerdings … aber lassen wir das …

cagentArtist hat sich wieder einmal an den ‚Punkt Null‘ begeben.

Das Motto heißt: WALKING in the WILD. Ein Schlagzeug fängt an zu sprechen, irgendwelche Instrumente folgen, ohne Plan; gerade das ist der Plan.

Führt der ‚Plan der Planlosigkeit‘ in neue Bereiche der Klangwelt?

Warten wir mal ab.

Häuser werden wohl nicht gerade einstürzen … das ‚Unsagbare‘ aber hatte schon immer seinen Reiz.

Diese Serie neuer Klangexperimente wird ab 5.Febr 2024 HIER dokumentiert.

Philosophy-in-Concert (PiC) – Querverweis auf eine ältere Veranstaltung zum Thema ‚Informatik & Gesellschaft‘ 2014

Letzte Änderung: 22.Nov 2023

KONTEXT

Nach sechs Jahren Pause beginnt sich das Innenleben von PiC wieder zu regen. Dazu haben viele Ereignisse beigetragen (Bericht folgt).

Hier nur ein kurzer Querverweis auf eine Veranstaltung in der Frankfurt University of Applied Sciences im Jahr 2014, als Gerd (cagentArtist) noch aktiver Prof an der FUAS war.

Informatik & Gesellschaft

Es war der Versuch, die Auswirkungen der Informatik auf die Gesellschaft nicht nur mit Texten, sondern auch mit Musik/Sound/Sound-texten zu verbinden, quasi ein Vorläufer vom späteren PiC-Konzept. Ein Bericht findet sich hier: https://www.cognitiveagent.org/2014/11/18/informatik-gesellschaft-kurzbericht/

KANN ES LEBEN IM CHAOS GEBEN? WIE? Bericht zu Philosophy-in-Concert Nr.4 in Hamburg

Email: info@philosophy-in-concert.org
10.November 2017
Autor: cagentartist
cagentartist@philosphy-in-concert.org

PDF

ÜBERBLICK

Die vierte Philosophy-in-Concert Performance, dieses Mal im Rahmen des Elektria Klangfestivals 2017 in Hamburg. Ein völlig neues Programm, stärkere Betonung des Werkstattcharakters. Sehr positive Resonanz des Publikums.

1. Die Einladung – Elektria Klangfestival Hamburg

Auf Einladung durch ’Costa’, dem ’elektronischen Pastor’ der Kirche St. Johannis Harvestehude  (https://szene-hamburg.com/elektronischer-pastor/) im Rahmen der Elektria Hörlounge 2017 mal aufzutreten, hat es uns am 9.November 2017 nach Hamburg verschlagen, in das Gemeindehaus von St.Johannis-Harvestehude, ein seit Jahren in Hamburg bekannter Ort für experimentelle Musikkunst. Aufgrund der guten Ausstattung des Saales konnten wir mit vergleichsweise ’leichtem Gepäck’ anreisen.

Arbeitsplatz cagentArtist & acrylnimbus. Der Plattenspieler kam später bei der Lounge zum Einsatz.
Arbeitsplatz cagentArtist & acrylnimbus. Der Plattenspieler kam später bei der Lounge zum Einsatz.

2. Titelzauber

Die Veranstaltung war ursprünglich angekündigt worden mit ’Digitale Unsterblichkeit – Vom Verschwinden des Menschen’. Wie schon angemerkt, war das der Titel von Philosophy-in-Concert Nr.2 gewesen.  Als der Titel in der Welt war, wollten wir ihn nicht mehr ändern. Da wir aber kein Programm wiederholen, haben wir einfach an der Vision von Philosophy-in-Concert weitergearbeitet und uns
überraschen lassen, was heraus kommt.

In den letzten Tagen vor dem Konzert schälte sich dann heraus, wie das neue (inoffizielle Thema) lauten würde: Kann es Leben im Chaos geben? Wie?

3. Aus Ordnung wird Chaos

Nach einleitenden Worten konnte man einen Sound hören, bei dem der Anfang in einer Ordnung startet und dann ab der Hälfte in ein zunehmendes Chaos (=Rauschen) übergeht:

SOUND: Von Ordnung zu Chaos

Während der geordnete Klang Strukturen erkennen lässt, eine Regelhaftigkeit, die Erwartungen erlaubt, Planung, lässt der chaotische Klang alles verschwimmen. Jetzt gilt alles, was aber nichts mehr bedeutet. Im Chaos löst sich alles auf. Begründende Erwartungen sind unmöglich. Dazu gab es ein kleines Computerspiel, um den Gedanken zu vertiefen.

4. Zufall und Regel

Eine einfache Netz-Gitter-Welt: Hindernisse (schwarze Felder), Fut- ter (grüne Felder), Akteure (rote Kreise). Dazu ein Energieverbrauch bei den Akteuren, der nur durch Futter ausgeglichen werden kann.
Bild 2: Eine einfache Netz-Gitter-Welt: Hindernisse (schwarze Felder), Futter (grüne Felder), Akteure (rote Kreise). Dazu ein Energieverbrauch bei den Akteuren, der nur durch Futter ausgeglichen werden kann.

Das Computerspiel war absolut minimalistisch: in einer kleinen Netzgitterwelt (’grid-world’) konnte man Hindernisse und Futter positionieren lassen, dazu einen Akteur an einen beliebigen Startpunkt setzen (siehe Bild 2). Für das Verhalten des Akteurs konnte man zwischen zwei Varianten wählen: (i) zufällig
(chaotisch) oder (ii) mit fester Regel. Das Besondere: der Akteur verbraucht zeitabhängig Energie. Wenn er nicht immer wieder durch Futter sein Energieniveau auffrischen kann, muss er sterben.

Das Beispiel mit dem zufälligen Verhalten lies schnell erkennen, dass ein Akteur, der sich rein zufällig verhält, entweder sehr viel Zeit braucht oder in großen Mengen auftreten müsste, wollte er ’zuverlässig’ immer genügend Futter finden.

Bei dem Akteur mit der festen Regel gibt es zwei Fälle: passt die Regel zur Umwelt, dann ermöglicht die Regel dem Akteur eine 100%ige Nutzung der Ressourcen. Passt die Regel aber nicht, dann ist er genauso 100%ig dem Untergang geweiht, sogar radikaler als der Akteur mit dem Zufall; der kann wenigstens ab und zu überleben.

Da die reale Welt sich, wie wir wissen, seit dem Beginn des biologischen Lebens vor mehr als 3.5 Milliarden Jahren, beständig stark verändert hat, können weder reiner Zufall noch starre Regeln erklären, wie sich Leben in einer partiell chaotischen Welt entwickeln konnte. Es braucht irgendwie mehr.

5. Leben Lernen

Die vorausgehenden Akteurbeispiele legen nahe, dass man eine Regel bräuchte, die sich nach Bedarf der verändernden Umgebung anpasst.

Mit einem zweiten kleinen Computerprogramm wurde den Teilnehmern des Abends jeweils drei – vom Computerprogramm erzeugte – einfache Melodien zu Gehör gebracht und darum gebeten, diese relativ zueinander zu bewerten.

Nach jeder Bewertung hat das Computerprogramm dann aus diesen bewerteten Melodien drei neue generiert, die die besten zwei Melodien aus der Vorrunde zu drei neuen Melodien ’verarbeitet’ hat.

Schon nach drei Bewertungsrunden war klar, dass sich tatsächlich schrittweise neue Melodien ergeben, die einerseits Elemente der alten Melodien enthalten, andererseits auch neue Elemente.

Regeln zu haben, die sich aufgrund von Rückmeldungen (Feedback) ändern können, scheint also nicht das Problem zu sein, was aber ist mit dieser Rückmeldung selbst? Wo kommen sie her? Wer macht sie? Was sind die Kriterien für ’Besser’/ ’Schlechter’?

In der modernen Roboterforschung (jenseits der ’dressierten’ Industrieroboter) ist man seit wenigen Jahren auf dieses fundamentale Präferenz-Problem gestoßen und hat bislang noch keine Lösung gefunden; es gibt nicht mal die leiseste Idee, wie man das Problem überhaupt lösen könnte. Die ’Erbauer’ der Roboter, die Menschen, haben selbst bislang ja auch keine Lösung des Präferenz-Problems: Wo wollen wir hin?

Am Akteurbeispiel kann man sehen, dass ein Wissen um die Zukunft letztlich nur möglich ist, wenn man sie schon kennt. Was tut man aber, wenn man sie noch nicht kennt?

Die Geschichte des Lebens auf der Erde zeigt, es gibt nur eine Antwort: um auf Dauer leben zu können, muss man voll ins Risiko gehen, muss Leben riskieren, um Leben zu gewinnen. Dazu muss man kreativ sein, erfinderisch: das Alte ist niemals das Neue; finde etwas Anderes! Risikobereitschaft und Kreativität verlangen mutige Menschen: nach vorne schauen und bereit sein zum Scheitern.

6. Aufbruch ins Unbekannte – Weltraum

Astronaut auf Planet. Diese Abbildung zeigt das Bild, wie es später durch die Lichteffekte von der Lichtkünstlerin überlagert worden ist (siehe un- ten). Während der Performance war das Bild ohne überlagernde Effekte zu sehen gewesen.
Bild 3: Astronaut auf Planet. Diese Abbildung zeigt das Bild, wie es später durch die Lichteffekte von der Lichtkünstlerin überlagert worden ist (siehe unten). Während der Performance war das Bild ohne überlagernde Effekte zu sehen gewesen.

Aktuell stellen sich sehr viele Probleme auf der Erde, bei denen die Menschen, die Menschheit, die verschiedenen Staaten, herausgefordert sind, sich zu klären, wie sie auf diese Probleme in der Zukunft antworten wollen (z.B. Klimaveränderung und ihre Folgen; zunehmende Zerstörung ganze Ökosysteme,
auf deren unser menschliches Leben basiert; globale Umweltverschmutzung (z.B. Plastikmüll), die über die Nahrungskette auch Menschen bedroht, Bevölkerungswachstum
und Ernährung; und vieles mehr).

Für den Abend haben wir das Thema Eroberung des Weltraums aufgegriffen.

Dieses Thema beschäftigte die Fantasie vieler Autoren, Regisseure und Ingenieure seit Jahrhunderten. Weltraum: das ist Faszination und Schrecken zugleich. Es gab einen symphonisch klingenden Sound zum Hören

SOUND: Weltraum-Symphonie

und dazu eine Art Bildergeschichte ohne Worte: die Kuppeln einer Sternwarte, ein Astronom an einem Teleskop, Bilder der Milchstraße und diverse Himmelsfotografien (von dem Astronomen, den man vorher gesehen hatte), dann Bilder von einer
Raumstation und einem einzelnen Astronauten dort (die komplexe Raumstation hatte Jonathan Fritz (Schweden) mit viel Fantasie und Geschick im Rahmen eines Computerspiels gebaut), verschränkt mit den Bildern von Weltraum und fernen Sternen, der Aufbruch zu einem Planeten, das Landen auf diesem Planeten, mit dem Schlussbild eines Astronauten auf Wüstensand mit einem verdeckten Horizont unter einer fremden Sonne (siehe die beiden Bilder 3 und 4. Auch dieses Bild war aus einer Serie von Bildern, die Jonathan Fritz aus dem Computerspiel
heraus generiert hatte.)

Raumfahrer auf Planet. Auch hier im Anschluss an die Performance mit Lichtkunst-Effekten überlagert
Bild 4: Raumfahrer auf Planet. Auch hier im Anschluss an die Performance mit Lichtkunst-Effekten überlagert

7. Gedankenassoziationen

Es begann dann verhalten eine Live-Musik im Hintergrund, zu der dann folgender Text langsam, mit Pausen, gesprochen wurde (während das Schlussbild mit dem Astronauten auf dem fremden Planeten vor einem verdeckten Horizont noch zu sehen war):

1. Ein Mensch landet auf einem fremden Planeten.
2. Der Horizont ist verdeckt.
3. Sinnbild Zukunft.
4. Wir sind im Leben gelandet …
5. auf dem Planet Leben.
6. Die Zukunft ist nicht sichtbar.
7. Um uns herum passiert Vieles:
8. Arbeiten, Fahren, Kochen, Chillen, Lernen, Streit, …
9. Alles hat seine Regeln.
10. Wohin führen diese Regeln?
11. Bringen sie uns an ein Ziel?
12. Kann es im Chaos ein Ziel geben?
13. Welches?

8. Aus Chaos entsteht Ordnung

Chaos wirkt bedrohlich. Und doch sind wir Zeugen, wie im unbelebten Weltraum ein sehr komplexes Leben entstanden ist, aus dem Chaos eine unfassbare Ordnung. Der folgenden Sound ’From Noise2Voice’ illustriert dies an einem Beispiel (Achtung: der Sound dieser Datei ist nicht exakt der gleiche, wie der Sound der Aufführung. Bei der Aufführung wurden live Effekte hinzugefügt; speziell wurde die Chaos-Rausch-Phase verstärkt. Ganz am Schluss hört man einen echten Chor (vorher einen computergenerierten Chor!). Dies ist ein Chor von Väckelsang, einer kleinen Gemeinde in Südschweden, bei einer der wöchentlichen Proben.).

SOUND: Noise2Voice

Die Musikwissenschaften haben im Laufe der Jahrhunderte sehr viele unterscheidende Begriffe zum Klang hervorgebracht: Arten von Klängen, Musikstile, Klanggattungen, Urteile von ’Gut’ und ’schlecht’, und vieles mehr.

Philosophisch betrachtet gibt es eigentlich nur zwei Grundkategorien: Chaos (Rauschen) und Ordnung (erkennbare Strukturen). Die Möglichkeit von Ordnung im Chaos ist das eigentliche Wunder, für das wir bis heute keine letzte Erklärung haben. Wir sind Teil dieses Wunders.

9. Gesprächsbits

Es gab dann zunächst im Plenum, dann aber auch Face2Face, viele spannende Gespräche, und für einige wurde es an diesem Abend in der Musik der
Worte sehr spät.

10. Lichtkunst trifft Philosophy-in-Concert

Die Lichtkuenstlerin Katrin Betge
Die Lichtkuenstlerin Katrin Betge

Diese vierte Performance von Philosophy-in-Concert bekam eine besondere Note durch den Umstand, dass an diesem Abend eine bekannte Lichtkünstlerin, Katrin Bethge (Hamburg), den gesamten Raum mit ihren faszinierenden Effekten in eine bizarr-dynamische Lichtwelt verwandelte, die das Geschehen unserer Performance mühelos einfing und einbettete. Während das Publikum in den vollen Genuss dieses Ineinanders von Lichteffekten und Performance kam, sahen wir von der Bühne aus – verständlicherweise – nur Ausschnitte.

Die Fotos von den Lichteffekten entstanden daher entweder vor oder nach der Performance, zeigen also nur Fragmente.

Statt Hardware ’Chemoware’
Statt Hardware ’Chemoware’

11. Auf ein Neues

Das Team von Philosophy-in-Concert – cagentArtist und acrylnimbus – fühlt sich durch diesen Abend sehr ermutigt, die Vision weiter zu leben. Weitere Ideen gibt es zuhauf 🙂

12. SW-Quellen

Erklärungstexte und den Quellcode zu den benutzten beiden Softwareprogrammen wird es demnächst auf der Seite von emerging-mind.org geben.

Logbuch vor Hamburg – 2

cagentArtist
info@philosophy-in-concert.org

 

… Du hast 100.000 Möglichkeiten,  und musst Dich dann für eine entscheiden. Huuh. Unser ‚Eines‘ sieht dann so aus, wie auf der Skizze zu sehen ist.

 

 

Aber auch die Skizze lässt wieder viele tausend Varianten zu … Wie interpretieren wir die einzelnen Begriffe? Wie führen wir sie aus? Wie machen die Zuschauer mit? … ein offener Prozess. Spannend bis zum Schluß.

Wir freuen uns darauf 🙂

Bis dann,

in Hamburg.

Logbuch vor Hamburg

cagentArtist
info@philosophy-in-concert.org

ERINNERUNGS-BITS

Den Blick neu ausgerichtet auf Hamburg hängen noch viele Erinnerungsfetzen im Kopf. Das kann gut sein, das kann schlecht sein. Sie sind da. Wie diese sich auswirken werden, muss man sehen. Hier einige der Stichworte:

Mensch und Maschine

Ja, wir sehen als übergeordnetes Thema die Zukunft des Menschen angesichts digitaler Maschinen. Dass es die intelligenten Technologien geben wird ist eine direkte Folge des evolutionären Prozesses, in sich mit einem großen Potential, sagt man. Uns interessiert, wie man es für musikalische Interaktionen ausnutzen kann.

Staunen, Risiko

Mehr denn je ist der Klangraum jetzt unendlich.
Ihn zu betreten gleicht einer Reise ins Unbekannte.
Das Alte verschwindet deswegen nicht notwendigerweise, aber es bekommt neue Kontexte.

Die neuen Technologien sprengen viele vertraute Voraussetzungen.
Am Anfang ist das Staunen
Philosophische Poesie – eine poetische Philosophie

… eine Botschaft zu leben, die dem entspricht, wie das Leben auf dem Planeten Erde seit 4 Milliarden Jahren seine Existenz, seinen Weg sucht: morgen ist alles anders als heute! Keiner weiß wirklich wie es morgen sein wird. Die einzige Chance einer Zukunft für das Leben ist, das Heute weg zuwerfen und auf immer wieder neuen Wegen das Neue zu suchen. Das Neue ist ein Ganzes, dessen Ausmaß und Gestalt das individuelle Begreifen übersteigt.

Echtzeitexperiment zwischen Wort-angereichertem-Klangfeld in Interaktion mit dem Hörer.

Technologie als Interface zum Klang

Jede Technologie, die zum Interface wird, ist nicht nur Möglichkeit, sondern auch Grenze, schlimmstenfalls eine Art Gefängnis. die möglichen Klänge sind auch die einzigen Klänge. Man kommt aus dem Interface-Raum nicht mehr heraus. Man kann sich darin austoben. Die Frage ist nur, wie wirkt dies auf die potentiellen Hörer?

Aber die klassischen Instrumente, die klassischen Orchester waren auch nur Schnittstellen, ein Interface zu möglichen Klängen; sie schufen scharfe Grenzen. Wer es mag, fühlt sich wohl, aber Grenzen waren da.

Wir interessieren uns für solche Klangräume, die nur in der Symbiose von neuer Technologie und Mensch möglich sind.

Worte, Texte

Klang als solcher hat keine direkte Beziehung zu Texten oder durch Texte induzierte Bedeutungen. Diese Beziehung kommt indirekt durch Hörer ins Spiel: jeder Hörer hat aufgrund der Sprachen, die er gelernt hat, nicht nur bestimmte Klänge, die sich mit seinem Sprechen verbinden, sondern darüber hinaus auch bestimmte Bedeutungen, die sich in seinem Kopf automatisch aktivieren, wenn er selber spricht oder gesprochene Sprache hört. Aktivierte sprachliche Bedeutung im Kontext gesprochener Sprache interagiert dann mit gehörten Klängen.

Die Grundsatzentscheidung liegt also schon im Vorfeld: (i) gesprochene Sprache und Klang ohne visuellen Elemente oder (ii) gesprochene Sprache mit visuellen Elementen; visuell nochmals unterschieden nach statischen Einzelbildern oder bewegten Bildfolgen. Hier nochmals unterscheidbar nach live gespielt (Theater) oder elektronisch aufgezeichnet (Video, Film). Vom einfachen Lied zum komplexen situierten Spiel (Theater, Oper…) gibt es viele Varianten.

Die Frage bleibt: was will man erreichen? Will man mittels der Sprache und der induzierten Bedeutung primär nur informieren (aufklären) oder will man über die Information hinaus auch unterhalten bzw. emotional engagieren?

Wahres Neues

Wahre Kunst braucht einen minimalen Grad an Originalität, Kreativität, Innovation, um dem Andruck der Zukunft Raum zu geben. Dies geht normalerweise nicht ohne ein Minimum an Nicht-Gefälligkeit einher, ein Minimum an Reibung und Aufwand von Neuem. … was aber ist ’neu‘ bei so vielen Unterschieden in den Menschen?

Mit der Digitalisierung der Gesellschaft durch neue Technologien verwandelt sich das alltägliche Leben immer mehr in digitalisierte Repräsentationen, in Digitalisate.
Im Digitalisat braucht das Gehirn keine Rücksicht zu nehmen auf die Endlichkeiten seines biologischen Körpers: keine Müdigkeit, kein Hunger, kein Altern, keine Ängste, keine unvorhersehbaren Gefahren, kein …. die unendliche Fülle der körperbasierten Gefahren ist ausgeblendet … Dies kann neue Gefühle von Allmacht erleichtern. Ein Traum ohne Ende ….

Die vernetzte Maschine wird zur potentiellen Erweiterung des Körpers, zur Erweiterung des Gehirns, zur Erweiterung des Bewusstseins. Der eigene Körper dehnt sich aus … neue Formen von Begegnung und Gemeinsamkeit.

In den Digitalisaten vervielfältigt sich das Leben Millionenfach, Milliardenfach.

Das biologische Leben ist das künstlerische Urereignis par excellence, das Schaffen von Neuem, nicht die Eitelkeiten einzelner Kunstfertiger, nicht die Willkür von Kunstmärkten …

BLICK NACH VORNE

Im Titel ‚Digitale Unsterblichkeit‘ klingt das Thema einer Überwindung der Sterblichkeit an, eine Überwindung des Todes … Das Digitale erscheint der Verwesung entrückt, fern dem biologischen Zerfall.

Doch leider altern auch Rechner, Platinen verrotten, Datenträger werden unlesbar, Programmiersprachen sterben aus, Betriebssysteme verändern sich,  Feuer und Wasser können zerstören, Bombenanschläge,  Erdbeben, Kriege bieten weitere Risiken; eine Firma geht pleite, der Staat zerfällt … der Strom versiegt … das Digitale lebt noch nicht im Elysium, ist noch nicht direkt im Paradies angesiedelt.

… und doch sind viele Menschen fasziniert … und übersehen möglicherweise, dass Krankheiten, Altern, Sterben nur möglich sind, weil das Gesamtsystem nicht vollständig deterministisch ist.

Wenn man Krankheiten und Tod von vornherein ausschließen wollte, dann müsste man den ‚idealen Zustand‘ kennen und sämtliche Prozesse genau darauf hin optimieren, zwangsweise, damit nichts schief geht.

Woher soll das gesamte Universum ‚aus sich heraus‘ aber die idealen Zustände für alle Lebensformen kennen? Befindet sich doch das gesamte Universum in Bewegung, findet das Universum als ein Prozess statt, der aus sich immer neue Strukturen heraus setzt, die bei ihrer aktuellen Entstehung keinen vollständigen Plan haben, wo das ganze wie enden soll.

Wenn eine biologische Zelle, der universale Grundbaustein allen biologischen Lebens, sich vermehrt, weiß sie von der zukünftigen Welt nur das, was bislang funktioniert hat; sie weiß aber niemals, was auf sie zukommen wird.  Aus diesem Grund passiert bei ihrer Neuwerdung ein interessantes Schauspiel: sie nutzt die positiven Erfahrungen der Vergangenheit und zugleich lässt sie Variationen zu, neue Kombinationen, von denen sie nicht weiß, ob sie sich positiv oder negativ auswirken.

Leben ist in seiner Wurzel nie nur Erinnerung des Alten, sondern immer bis zu einem gewissen Grad auch eine Wette auf eine unbekannte Zukunft. Man kann diese Möglichkeit des Neuen gegenüber dem bekannten ‚Zufall‘ nennen, weil man keine Regel erkennen kann; man kann es aber euch eine Grundform von ‚Freiheit‘ nennen: das, was kommen wird, ist NICHT vollständig determiniert. Echte Freiheit wirkt von außen als ‚Zufall‘, weil man keine Regel erkennen kann.

Und, ein ganz anderer Aspekt, wir schauen immer sofort auf den einzelnen, das Individuum. Im biologischen Leben geht es aber niemals nur um Individuen, sondern um Populationen. Jeder einzelne existiert nur, weil es vor ihm andere einzelne und viele Populationen gab und gibt, die sein Leben ermöglichen. Was durch alle Zeiten hindurch lebt, überlebt, das ist das Zusammenspiel der vielen Einzelnen in einer Lebensgemeinschaft, die auch dann weiterlebt, wenn viele einzelne sterben. Ohne die einzelnen ist die Gemeinschaft nichts, aber ohne die Gemeinschaft kann das Leben nicht überleben. Es ist die gemeinsame Erfahrung aller, die sich im Spiel hält und — hoffentlich — immer wieder neu bewährt und weiter entwickelt.

Betrachten wir die digitale Unsterblichkeit also mal aus dieser Perspektive: das Wechselspiel von Gemeinschaft und Individuum, umrahmt, eingebettet von neuen digitalen Technologien. Kann dies zu einer fruchtbaren Symbiose führen? Kann dies mehr Leben ermöglichen oder hebt sich das Leben hier irgendwann selbst auf?

Demnächst: musikalische Simulationen von Leben…

PHILOSOPHY-IN-CONCERT No.4 – Ausblick

Die vierte Performance von PHILOSOPHY-IN-CONCERT wird im Rahmen der Elektrika Hörlounge am 9.Nov.2017 um 20:00h in Hamburg stattfinden. Heimhuder Strasse 92, 20148 Hamburg

 

ANDERS -anders-aNdErS

Der Titel auf der Webseite der Elektrika Hörlounge lautet Digitale Unsterblichkeit. Dies ist gleichlautend mit dem Titel von Philosophy-in-Concert No.2.

Da wir niemals einen Aufführung wiederholen bedeutet dies, dass die Besucher etwas ganz Anderes erleben werden als bei PiC No.2! Die Überschrift ist gleich, der Inhalt wird ganz anders sein.

Überhaupt wird sich Philosophy-in-Konzert No.4 vielfach von allen vorausgehenden Performances unterscheiden. Lasst Euch überraschen!!!

 

PHILOSOPHY-IN-CONCERT NO.3 – Dokumentation

Dies ist eine kleine Dokumentation zu der dritten PHILOSOPHY-IN-CONCERT Performance, wie sie HIER angekündigt worden war.  Der Ton stammt von einem externen Recorder, der auch alle Umgebungsgeräusche mit aufgezeichnet hat; dieser Sound wurde nicht gefiltert. Aufgrund eines Kameraproblems haben wir nur eine kleine Bildauswahl von einer zweiten Kamera (Fotos von Anita Henisch).

PiC3-Team Mitglied Bettina (Plastiken) und Miro (Plastiken)
PiC3-Team Mitglied Bettina (Plastiken) und  Besucher Miro (Plastiken)

Wolfgang (Schwimmsport, Verein f. Naturwissenschaften), PiC3-Teammitglied Gerd (cagentartist), PiC3-Teammitglied Tobias (acrylnimbus)
Von links nach rechts: Wolfgang (Schwimmsport, Verein f. Naturwissenschaften), PiC3-Teammitglied Gerd (cagentartist), PiC3-Teammitglied Tobias (acrylnimbus)

 

  1. ANKOMMEN

BEGRÜSSUNG

Begrüssung an alle.  Dank an Lisa und Kurt für die zur Verfügungstellung der Scheune. Vorstellen des PiC3-Teams (Gerd (cagentARTIST), Tobias (acrylnimbus) und Bettina Pfeifer. Ein paar Worte zum künstlerischen Prozess; das Herausschaffen von Bildern, Texten, Plastiken, Sounds … Das Thema für den Abend: Das Paradox, dass wir Menschen  sowohl Quelle von Bösem sein können wie auch Quelle für Gutes.  Dust of Evil everywhere; angels nearby; that’s what we are:

Kurt Schneider, der zusammen mit Lisa Schneider die Scheune zur Verfügung gestellt hat.
Kurt Schneider, der zusammen mit Lisa Schneider die Scheune zur Verfügung gestellt hat.

2. DUST OF EVIL – FAKTEN

Es werden Fakten aufgezählt zu einigen großen Kriegen, dem Schrecckensregiment von Stalin, den Hungertoten unter Mao, das Schreckensregiment der roten Khmer.

3. IDI AMIN UND DIE FISCHE

Bettna Pfeifer liest einen kurzen Text zu Idi Amin, seine Tötungsorgien, und den Fischen
Bettna Pfeifer liest einen kurzen Text zu Idi Amin, seine Tötungsorgien, und den Fischen

Ein Berg von Köpfen in einem Netz - Idi Amins Tote - Werk von Bettina
Ein Berg von Köpfen in einem Netz – Idi Amins Tote – Werk von Bettina Pfeifer

Kinderhemdchen und Schuhe, ausgegossen, wie am Strand, von Bettina Pfeifer
Kinderhemdchen und Schuhe, ausgegossen, wie am Strand, von Bettina Pfeifer

4. DUST OF EVIL – CHOR

Das Böse scheint überall zu sein – aber doch gibt es in der Nähe immer wieder Menschen, die wie ‚Engel‘ sind. Das ist die paradoxe Wahrheit über uns Menschen: Wir sind beides.

5. BLUES – FRAGEN

… ist das Alles, was wir können: Kriege führen, töten …. ?

6. MASTER 1

Bettina und der Master (Kopf aus alabaster, rechts)
Bettina und der Master (Kopf aus Alabaster, rechts)

7. ROBO-ANWALT

… leider kein Foto von Anita, die die Anwältin spielt, deren Zunft durch den Robo-Anwalt ersetzt werden soll.

8. AUSKLANG

Gelegenheit, Inhalte zu ‚verdauen‘ …

DISKUSSION

Es gab im unmittelbaren Anschluss eine längere Aussprache, bei der viele TeilnehmerInnen sich sehr engagiert äußerten. Das Thema das ‚Böse‘ und das ‚Gute‘ beschäftigt alle sehr.  Die Stimmung war sehr gut. Das letzte Grüppchen verabschiedete sich um 24:00h…

 

 

 

 

 

PHILOSOPHY-IN-CONCERT No.3 – Sa 22.Juli 2017, 20:00h

TERMIN

Ja, es ist so weit. Der Termin am Samstag, 22.Juli 2017 um 20:00h steht. Einlass ist ab 19:30h in den Hof.

ORT

Der Ort ist eine Scheune in Schöneck, Ortsteil Kilianstädten:

Herrnhofstrasse 3

61137 Schöneck, Kilianstädten

 

Die Scheune befindet sich noch in einem eher originalen Zustand und gibt dem Ort ein sehr ursprüngliches Feeling.

TEAM

Das Kernteam cagentArtist (G.Doeben-Henisch) und acrylnimbus (T.Schmitt) wird bei dieser Performance erweitert um eine bildende Künstlerin, Bettina Pfeifer; dazu weitere Mitwirkende.

INHALTSBITS

Ja, Sounds werden natürlich hörbar sein. Dazu   andere künstlerische Exponate, keine Videobilder. Es wird  Worte geben, Wortwechsel, Gedankenbilder; Personen, die gelegentlich live auftreten und agieren.

Was werden all diese Inputs erzeugen? Werden sie nicht in jedem etwas ganz anderes erzeugen?  Können wir uns überhaupt verstehen? Eine Spur des Bösen zieht hinter uns Menschen her in der Geschichte, aber nicht nur;  Menschen können wie Engel sein,  können Freude bringen, Leben stiften. Wer sind wir wirklich?  Was werden wir in der Zukunft  tun?   Fragen über Fragen, und wir alle mitten drin.

Thema: Dust of evil everywhere; angels nearby; that’s what we are:

Möglichkeit zu einem Austausch mit den Künstlern wird es im Anschluss geben.

LEBENSART

Teilnahme ein wenig im Picknick-Stil: wer sitzen will, sollte sich einen Klappstuhl/ Campinghocker mitbringen.  Für Essen und Trinken sollte  ebenfalls jeder selber sorgen. Es gibt kein spezielles Catering-Team :-).

Eintritt ist frei.

PHILOSOPHY-IN-CONCERT No.2 – Performance 1.November 2016 – DIGITALE UNSTERBLICHKEIT – Dokumentation

Entsprechend der vorausgehenden Ankündigung fand am 1.November 2016 die Performance No.2 des PHILOSOPHY-IN-CONCERT Projektes statt. Oberthema: Digitale Unsterblichkeit. Veranstalter waren die Katholische und die Evangelische Akademie Frankfurt zusammen mit dem Institut für Neue Medien (INM) Frankfurt. Ausführende Künstler: cagentArtist und acrylnimbus.

Voraus zur Veranstaltung gab es Gespräche zwischen Dr. Ralph Fischer von der Evangelischen Akademie, Dr. Daniela Kalscheuer und Prof. Dr. Gerd Doeben-Henisch (Frankfurt University und INM). Es zeigte sich, dass das Thema in viele Richtungen sehr ergiebig ist. Das Problem war dann eher, wie man diese Vielfalt in ein knappes, schlüssiges Konzept kondensieren kann.

Als Rahmen wurde ein Baukastensystem gewählt: nach einem offenen Empfang zunächst eine Philosophy-in-Concert Performance, dann ein Podium mit Experten, dann offenes Gespräch mit allen. Dazu ein passendes Ambiente.

Vorweg: die Veranstaltung verlief sehr gut: viele engagierte TeilnehmerInnen, Performance kam gut an, Podium und Gespräch sehr konzentriert. Schwachstelle: Null Dokumentation… Das macht einen Bericht jetzt schwierig.

Von der ersten Hälfte der Perfomance gibt es einen Soundtrack mit Texten, der zum Testen vorher benutzt worden war: http://www.doeben-henisch.de/sounds/exp1/Pic Nov16 p1-neu.mp3

Tobias mit seinem kritisch-sinnierendem Blick ...
Hier ein Archivbild von Künstler acrylnimbus von der Performance No.1; er hat bei No.2 den gesamten Soundtrack generiert (außer einem kleinen Abschnitt am Anfang)

Es folgte dann ein Liveact, in dem cagentArtist die Frage aufwarf, was all die Menschen machen können, die gestorben sind, bevor es die digitale Unsterblichkeit gab. Es wurde spekuliert, welche Möglichkeiten Goethe, ein Sohn der Stadt, hätte, wenn er heute als digital Lebender zu uns sprechen wollte. Da www.goethe.de vom Goetheinstitut besetzt ist, fragt sich, was er tun könnte. Es wurde live the Seite http://www.ehteog.de/ ausprobiert, und siehe da ….

Angesichts der Beschwerlichkeiten, denen normale Menschen unterworfen sind, die digital unsterblich werden wollen, stellt sich die Frage, ob man nicht körperliche Geburt und körperlichen Tod einfach umgehen sollte, indem man direkt digital geboren wird? Dann erspart man sich all die körperlichen Mühen und lebt direkt digital und damit direkt digital unsterblich. Solche digitalen Existenzen gibt es. In einem Live Act begann eine kleine Reise im Internet nach Japan, in die Provinz Kansai, zu einem Konzert der digitalen Künstlerin Hatsune Miku: https://www.youtube.com/watch?v=Sw84CDr_CZs (es wurde nur ein kleiner Ausschnitt gezeigt)(etwa von 2:00 Min bis 5:12 Min) Während die Band, die anderen Musiker, real auf der Bühne stehen, ist die digitale Künstlerin, wie es sich gehört, eine reine Projektion aufgrund von digitalen Daten. Der Stimmung muss darunter offensichtlich nicht leiden (siehe Video).

Vom nachfolgenden Sound mit Texten gibt es hier wieder ein Pre-Recording: http://www.doeben-henisch.de/sounds/exp1/Pic Nov16 p2-neu.mp3

In der Performance folgte ein abschließender Live Act mit Gedanken zu einer Rede, die William James zur Unsterblichkeit  1898 an der Harvard University gehalten hat. Die damals vielleicht kühn anmutenden Überlegungen vom Empiriker William James, der zugleich die Vielfalt der Phänomene ernst nahm, wurde durch ein Diagramm zur Komplexität des homo sapiens im Licht der heutigen Wissenschaften unterstützt.

Bild zur Komplexität und Surchlässigkeit eines homo sapiens. Es gibt physikalisch keine feste Begrenzung.
Bild zur Komplexität und Durchlässigkeit eines homo sapiens. Es gibt physikalisch keine feste Begrenzung.

Es folgt dann ein lebhaftes Podiumsgespräch zwischen (siehe Foto von links nach rechts) Dr. Fischer von der Evangelischen Akademie Frankfurt, Prof.Dr.Trocholepczy (Dekan der Katholischen Theologie Frankfurt), BA IngInf. MA.Sc. Intelligente Systeme Zeynep Tuncer, sowie Prof. Dr.phil Dipl.theol Gerd Doeben-Henisch (Frankfurt University of Applied Sciences), Schwerpunkt Lernende Systeme und Mensch-Maschine Interaktion. Mangels Dokumentation können die Dialoge hier nicht wieder gegeben werden. Das Publikum ging jedenfalls sehr mit und man merkte, dass die neuen Entwicklungen dazu drängen, manche alte Positionen neu zu bedenken.

Von links nach rechts: Fischer - Trocholepczy - Tuncer - Doeben-Henisch
Von links nach rechts: Fischer – Trocholepczy – Tuncer – Doeben-Henisch

Es folgten dann noch zahlreiche lebhafte Einzelgespräche, bis der Abend dann ausklang.